Das Recht auf Barrierfreiheit

Welche Rechte haben körperlich beeinträchtige Personen in Deutschland?

Arne Buchholz Geschäftsführer HamburgLifte

von Arne Buchholz

13.12.2020

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Wir beschäftigen uns in diesem Beitrag mit dem Behindertengleichstellungsgesetz das am 1. Mai 2002 in Kraft getreten ist. Es enthält ein Benachteiligungsverbot und bindende Regelungen für die Bundesverwaltung, das gebietet Barrierefreiheit herzustellen. Es geht um Barrierefreiheit in der Öffentlichkeit und daraus ergeben sich die Grundlangen für die Anschaffung von Treppenliften und anderen Mitteln um Barrierefreiheit für den privaten Bereich herzustellen.


Zivile Neubauten sowie große zivile Um- oder Erweiterungsbauten des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sollen barrierefrei gestaltet werden. Und zwar entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik.


Mit diesem Gesetz änderte sich die Richtung der Politik für behinderte Menschen grundlegend. Menschen mit Behinderungen sollen nicht mehr das Objekt öffentlicher Fürsorge sein. Sondern gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Hindernisse oder Barrieren, die dem entgegenstehen, sollen beseitigt werden. Um Gleichstellung und Barrierefreiheit auch auf die Bundesländer zu übertragen sind Landesgleichstellungsgesetze erlassen worden.


Das Hamburgische Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen wurde von der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg am 21. März 2005 in Kraft gesetzt.


Barrierefreiheit ist das Schlüsselwort für die Gesetz- und Verordnungstexte. Alle von Menschen gestalteten Lebensbereiche müssen für Menschen mit Behinderung zugänglich sein. Und von ihnen genutzt werden können. In § 4 Hamburgisches Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen wird die Barrierefreiheit so definiert, dass Lebensbereiche ohne besondere Erschwernis und in der Regel ohne besondere Hilfe zugänglich und nutzbar sein müssen.


Behindertenverbände können unter bestimmten Voraussetzungen anstelle und mit dem Einverständnis behinderter Menschen gegen Benachteiligungen und unterlassene Herstellung von Barrierefreiheit klagen. Verbandsklagen können beispielsweise geltend gemacht werden, wenn Behörden den Aufforderungen des Gesetzes nicht nachkommen und beispielsweise Neu- und große Umbauten nicht barrierefrei gestalten.


Dieses weitergehende Verständnis von Barrierefreiheit spiegelt sich in Deutschland auch in den Landesbauordnungen der Bundesländer wider. Die Landesbauordnungen orientieren sich an der Musterbauordnung des Bundes, diese ist aber nicht rechtsverbindlich, da Baurecht Landesrecht ist.


Die Hamburgische Bauordnung (HBauO) vom 14.12.2005 hat in diesem Zusammenhang § 37 (Aufzüge) und § 52 (Barrierefreies Bauen) für rechtsverbindlich erklärt. Verantwortlich hierfür ist die Hamburger Bauaufsicht bzw. die Bauaufsichtsbehörden der Bezirksämter. Diese haben viele Detailbereiche mittels fachspezifischer Verordnungen rechtsverbindlich geregelt (Verordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (VStättVO), Verordnung über den Betrieb von Gaststätten (GastVO), Verordnung über den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten (VkVO, etc.).


§ 52 HBauO „Barrierefreies Bauen“ regelt Anforderungen an:


barrierefrei erreichbare Wohnungen (Geschosswohnungsbau) (Abs. 1 und 4),

öffentlich zugängliche bauliche Anlagen -Nichtwohnungsbau (Abs. 2),

bauliche Anlagen, Einrichtungen und Wohnungen, die von Menschen mit Behinderungen, alten Menschen und Personen mit Kleinkindern genutzt werden (Abs. 3).



Bauaufsichtlich eingeführte technische Baubestimmungen (und somit rechtsverbindlich) in Bezug auf § 52 HBauO

Zur Umsetzung der Landesbauordnung haben alle Bundesländer – mit Ausnahme von Nordrhein-Westfalen – die DIN-Norm zum barrierefreien Bauen öffentlich zugänglicher Gebäude als Technische Baubestimmungen eingeführt. Diese Einführung bezieht sich in der Regel auf Teile der Norm. Sie ist in den Ländern ebenfalls recht unterschiedlich. Außerdem werden in einer Reihe der Länder erläuternde Leitfäden sowohl zur Landesbauordnung als auch zu den Technischen Baubestimmungen herausgegeben.


Das Prinzip der Barrierefreiheit wird immer noch lediglich auf die Zielgruppe der behinderten Menschen bezogen. Das ist unverständlich. Zumal deutschland- und europaweit Berichte und Gutachten immer wieder herausstellen, dass die Herstellung von Barrierefreiheit im Interesse aller Menschen ist. So ist bekannt, dass eine barrierefrei zugängliche Umwelt für etwa 10 % der Bevölkerung zwingend erforderlich, für etwa 30 bis 40 % notwendig und für 100 % komfortabel ist.